Die Region Göttingen ist nicht gerade reich an Kleingewässern. Doch mitten im Göttinger Wald, am Rand einer Viehweide direkt am Herberhäuser Stieg, liegt ein kleiner Weiher. In einer Senke hat sich über einer wasserundurchlässigen Bodenschicht Regen und Oberflächenwasser gesammelt und ein artenreicher Lebensraum entwickelt, der seit 1983 als Naturdenkmal unter Schutz steht. Seit dem bewahrt ein Holzaun die kaum 50 mal 20 Meter große Einsenkung vor den weidenden Kühen, die den Weiher sonst als Tränke nutzen und den Uferbereich zertrampeln würden.

Seit Mitte der 1980er Jahre besuche ich den Weiher regelmäßig. Ausgerüstet mit dem Klassiker der Bestimmungsliteratur zum „tümpeln“, „Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher“, machte ich hier meine ersten intensiven Naturerfahrungen. Und so klein das Gewässer auch war, ein großer Teil der im Buch beschriebenen Arten hatte sich dort angesiedelt und konnte hautnah beobachtet werden.

Darunter waren Eintagsfliegen, Köcherfliegen, Schwimm- und Wasserkäfer, zahlreiche Libellenarten, Schnecken und natürlich Amphibien wie Erdkröte, Grasfrosch, Berg-, Teich- und Kammmolch. Verschiedene Seggen- und Binsenarten bildeten einen dichten Gürtel und im Wasser selbst wuchs der Wasserhahnenfuß.

Beschleunigte Verlandung

Aber Weiher und Tümpel haben ein unvermeidliches Schicksal: sie verlanden. Da keine Strömung absterbende Pflanzen und Tiere und vom Wind hereingewehten Staub wieder davonträgt, sinken diese Sedimente auf den Gewässerboden und heben ihn unweigerlich an. Immer flacher wird so das Gewässer, bis irgendwann nur noch ein mehr oder weniger feuchtes Sumpfgebiet übrig bleibt. Und je größer der Nährstoffgehalt des Wassers, desto schneller läuft die Verlandung ab.

Dies ist die natürliche Gewässerdynamik. Im Zusammenspiel mit ungestörten, natürlichen Abläufen sind solche vergänglichen Lebensräume für die darin ansässigen Pflanzen und Tiere kein Problem. Denn in einer Naturlandschaft entstehen im Gegenzug auch immer wieder neue Kleingewässer. In unserer Kulturlandschaft wird aber besonders die Gewässerdynamik fast vollständig unterdrückt. Für mäandernde Flüsse mit weiträumigen Überschwemmungsbereichen ist darin genauso wenig Platz, wie für Sumpf- und Moorgebiete. In Kleingewässern lebende Tier- und Pflanzenarten finden sich deshalb überproportional häufig auf den Roten Listen.

Nun sollte man meinen, den Fachleuten der zuständigen Naturschutzbehörde wären diese grundlegenden ökologischen Zusammenhänge bekannt. Aller vorhandenen Kompetenz zum Trotz wurde Ende der 1980er Jahre fast das gesamte Ufer des Tripkenpfuhls mit jungen Bäumen bepflanzt. Aus naturschutzfachlicher Sicht eine grandiose Dummheit, denn das nun alljährlich in den Weiher fallende Laub sorgte fortan für einen kräftigen Nährstoffschub und damit beschleunigte Verlandung. Und das umso mehr, als die frisch gepflanzten Bäume wunderbar gediehen und schon bald zu stattlichen Exemplaren mit dichten, ausgreifenden Kronen herangewachsen waren.

Zwanzig Jahre später ist von dem einst stattlichen Wiesenweiher mit über einem Meter Wassertiefe nur noch ein sumpfiges Loch übriggeblieben. Nur im Frühjahr und in regenreichen Sommern erreicht die Wasserfläche noch nennenswerte Ausdehnung und Tiefe. Den größten Teil des Jahres überwuchern Seggen das Gewässer, freie Wasserfläche: Fehlanzeige.

Artenschwund durch falsches Biotopmanagement

Entsprechend ist das Arteninventar geschrumpft. Amphibien finden sich nur noch im benachbarten Erlenbruch auf der anderen Seite des Herberhäuser Stiegs. Von der artenreichen Insektenfauna sind nur noch ein paar Allerweltsarten ürbiggeblieben, wie etwa die Blaugrüne Mosaikjungfer oder die Skorpionsfliege. Immerhin hat sich die Sumpfschrecke halten können.

Zwischen 2006 und 2010 konnte man sogar eine stattliche Population der Wespenspinne am Tripkenpfuhl antreffen. Überall im Binsen- und Seggenbestand hatten die großen Räuber ihre Netze aufgespannt. Warum sie wieder verschwunden sind, ist mir nicht bekannt. Vielleicht ist das Nahrungsangebot doch zu sehr zurück gegangen.

Und so warte ich nun gespannt darauf, wann es der zuständigen Behörde einfällt, den Weiher auszubaggern. Immerhin handelt es sich ja um ein Naturdenkmal. Ob dann wohl auch der unsinnige Baumbestand gleich mit entfernt wird?

Die folgenden Abbildungen zeigen größtenteils Arten, die früher einmal im und am Tripkenpfuhl gelebt haben. Ihr Lebensraum würde noch existieren, hätte man auf die Anpflanzung von Bäumen rund um den Weiher verzichtet.