Wie der Name schon sagt ist die Rosdorfer Tonkuhle durch den Abbau von Ton und Lehm für die ehemals in direkter Nachbarschaft gelegene Ziegelei entstanden. Anfang der 1980er Jahre wurde das nahezu quadratische Areal von 130 x 130 Metern bis zu einer Tiefe von 6 Metern ausgebaggert und dann schon 1984 sich selbst überlassen. Seither haben sich Weiden, Erlen und Birken angesiedelt und stattliche Wuchshöhen erreicht. Der kleine See ist nun von allen Seiten von einem dichten Gehölzstreifen eingefasst. Der Wasserstand hat sich irgendwo bei etwa 2 Metern Tiefe eingependelt, so dass überall das Ufer gute zwei Meter steil abfällt. Nur im westlichen Teil hat sich eine Flachwasserzone ausgebildet.

Die Rosdorfer Tonkuhle liegt inmitten von Ackerflächen direkt an einer vielbefahrenen Bahnstrecke. Im Süden verläuft in der Nähe die Ortsdurchfahrt Rosdorf und im Südwesten ist das Siedlungsgebiet „Hamberg“ nur einen Steinwurf entfernt. Etwa eine halben Kilometer nördlich liegen noch insgesamt vier weitere ähnliche Gruben.

Rosdorf, Kreis Göttingen, Deutschland

Ökologie und Entwicklungsgeschichte

Seit Mitte der 1980er Jahre durchläuft das Gewässer eine natürliche Entwicklung. Die offen gelassene Grube war zunächst fast vegetationslos und der Wasserstand so niedrig, dass sich ein Geflecht von kleinen Gräben und Tümpeln entwickelte. Am Uferstreifen siedelten sich schnell Weiden und Erlen an, in den Tümpeln Binsen und Schilf. Schnell fanden zahlreiche Amphibienarten den Weg in den neuen Lebensraum, ebenso Libellen. In den ersten Jahren der Entwicklung füllte sich die Kuhle nur langsam mit Wasser und das Netz von wenig bewachsenen, flachen Kleingewässern bot optimale Bedingungen für Amphibien und zahlreiche Wasserinsekten. In dieser Zeit konnten bis zu 25 Libellenarten an der Rosdorfer Tonkuhle beobachtet werden: Darunter Plattbauch, Großer Blaupfeil, Vierfleck, Blaugrüne Mosaikjungfer, Herbstmosaikjungfer, Weidenjungfer, Schwarze Heidelibelle und Frühe Adonislibelle. Im an Gewässern eher armen Landkreis Göttingen war die Rosdorfer Tonkuhle ein echter Hotspot.

Mit den Jahren stieg jedoch der Wasserpegel und die Tonkuhle entwickelte sich zum kleinen See. Damit verschwanden die Flachwasserbereiche und ausgedehnten Uferzonen, und die Artenvielfalt ging – ganz natürlich – zurück. Heute sind hier nur noch wenige Liebellenarten bodenständig und, vermutlich von Anglern eingesetzte, Fische sorgen für zusätzlichen Fraßdruck auf Wasserinsekten und Amphibien. Dafür hat sich schon vor Jahren der Eisvogel angesiedelt, der im gut versteckten Westufer optimale Bedingungen zum Bau seiner Bruthöhle findet. Ebenfalls regelmäßig anzutreffen, wenn auch nicht als Brutvogel, ist der Graureiher. Und schließlich haben auch Exemplare der Rotwangen-Schmuckschildkröte hierher gefunden, ausgesetzt, oder vielleicht sogar vom nahen Göttinger Kiessee eingewandert.

Die Rosdorfer Tonkuhle bildet zusammen mit Kiesssee und Leinauen einen Biotopverbund. Die am Kiessee brütenden Graugänse ziehen sich bei starkem Freizeitbetrieb gerne an diesen sehr viel ruhigeren Ort zurück und der in der Tonkuhle brütende Eisvogel fliegt regelmäßig zum Fischfang zum Kiessee. Auch für die Graureiher ist die Tonkuhle nur eines von vielen Nahrungsgewässern.

Der ursprüngliche Rekultivierungsplan sah für diese und die benachbarten Tonkuhlen die vollständige Verfüllung und Rückentwicklung zu Ackerland vor. Zum Glück wurden diese Pläne aber schließlich angepasst und diese Biotope aus Menschenhand damit erhalten.

Tierarten an der Rosdorfer Tonkuhle

  • Eisvogel
  • Graugans
  • Graureiher
  • Teichfrosch
  • Rotwangen-Schmuckschildkröte
  • Große Pechlibelle
  • Herbst-Mosaikjungfer
  • Großer Blaupfeil
  • Blutrote Heidelibelle

Dürresommer und Austrocknung

Die Trockenheit der Sommer 2019 und 2020 ließen die Rosdorfer Tonkuhle vollständig austrocknen. Seit Anfang 2020 ist die Tonkuhle vollständig verlandet und von Gräsern Weidenröschen und Weidengebüschen bewachsen. Wahrscheinlich werden nur über mehrere Jahre anhaltende, überdurchschnittliche Niederschlagsmengen zu einer Wiedervernässung führen. Passiert das nicht, wird sich als natürliche Sukzession erst dichtes Gebüsch und dann dichter Baumbestand einstellen.

Trocken gefallene und vollständig bewachsene ehemalige Wasserfläche, 2020.