Wer am 18. Januar 2018 geschützt in einem festen Gebäude den „Friederike“ benannten Sturm abwettern konnte, bekam wahrscheinlich nur einen schwachen Eindruck von dessen Naturgewalt. An vielen Stellen im Göttinger Wald wird die Kraft des Sturms dagegen deutlich: ausgewachsene, tonnenschwere Bäume wurden zu dutzenden umgeworfen. Jetzt liegen die Stämme flach auf dem Waldboden und versperren vielerorts Wanderwege und Rückegassen. Oder sie lehnen schräg an ihren stehen gebliebenen Nachbarn und es ist mehr als ungewiss, ob die der Belastung standhalten können und vielleicht ebenfalls zusammenbrechen.

Ganz überwiegend sind Fichten betroffen, während Laubbäume nur vereinzelt vom Sturm gekippt wurden. Das hat im wesentlichen drei Gründe:

  • Fichten bieten durch ihr Nadelwerk dem Wind eine viel größere Angriffsfläche, als die im Winter kahlen Laubbäume.
  • Fichten wurzeln flach und haben deshalb weniger Halt im Boden.
  • Durch die hohen Niederschläge ist der Waldboden aufgeweicht und bietet den Wurzeln weniger Halt.

Und so sind die meisten Bäume auch nicht etwa abgebrochen, sondern wurden vom Sturm entwurzelt.

Wie immer haben aber auch diese Sturmschäden unterschiedliche Auswirkungen und Aspekte. Dort wo die Bäume einfach umgefallen sind und ohne Beschädigung am Boden liegen, gibt es kaum Einbußen bei der Nutzholzverwertung. Die Holzernte wird zudem dadurch erleichtert, dass die Stämme meist parallel zum Liegen gekommen sind. Nur dort wo Stämme gebrochen oder im Fallen weitere Bäume beschädigt haben, kommt es zu größeren wirtschaftlichen Schäden.

Umgestürzte Bäume bilden Lichtungen im Wald: Licht, sonst während der Vegetationsperiode Mangelware, erreicht wieder den Waldboden und Schösslinge können zu großen Bäumen heranwachsen. Ohne Lichtungen sind die allermeisten jungen Bäume hingegen chancenlos. Da im Göttinger Wald überwiegend auf Naturverjüngung gesetzt wird, sind die sturmbedingten Bestandslücken also keine Katastrophe. Direkt neben den umgestürzten Stämmen steht schon die nächste Baumgeneration in den Startlöchern.

Totholz ist der Motor der Artenvielfalt im Wald. Dort wo die jetzt umgestürzten Stämme nicht geräumt werden, bietet das verwitternde Holz zukünftig zahlreichen Tier- und Pflanzenarten neuen Lebensraum.

Und schließlich hat es ganz überwiegend Fichten erwischt. Fichten sind an höhere, gebirgige Lagen angepasst. Sie wurzeln flach und können so auch in der flachgründigen Bodendecke steiler Hänge und felsiger Gebiete wachsen. Weil Fichten ihre Blätter (Nadeln) nicht abwerfen, können sie im Herbst länger und im Frühjahr eher Photosynthese betreiben als Laubbäume und haben damit in der kürzeren Vegetationsperiode höherer Lagen einen weiteren Vorteil. In den tiefen Lagen des Göttinger Waldes kommen diese Anpassungen nicht zum tragen – Fichten kommen hier natürlicherweise nicht vor und wurden allesamt aufgrund ihres schnellen Wachstums und Holzertrags angepflanzt.

Im Sinne einer natürlichen Waldentwicklung hat Friederike also aufgeräumt und selektiv standortfremde Gehölze aus dem Bestand entfernt.

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Bilder aus dem Reinhardswald zeigen Ausmaß der Zerstörung durch Sturm Friederike, HNA vom 25.01.2018