An diesem Morgen schwimmt das Haubentaucherpärchen eher träge auf dem See herum. Es ist windstill, halbwegs warm, keine Boote auf dem Wasser – also widmet man sich der Gefiederpflege und genießt die Ruhe.
Aber irgendwann ergreift einer der Partner dann doch die Initiative und schwimmt entschlossen zu einer der kleinen Binseninseln in der Nähe des Ufers. Der andere Partner folgt. Wer das Männchen und wer das Weibchen ist, lässt sich so auf dem Wasser kaum unterscheiden, zu ähnlich sind sich die Geschlechter. Bei den Binsen angelangt schwimmt das führende Tier etwas hinein und streckt den Kopf nach vorn, ganz so als wollte es sagen: „Schau doch mal, diese umgeknickten Binsenhalme wären doch ein guter Platz für unser Nest.“
Der Partner kommt etwas näher, schaut ebenfalls. Um den Vorschlag zu bekräftigen, holt der erste Partner ein Algenblatt aus dem Wasser und drapiert es über den Binsenhalmen. Dann setzt er (oder sie) sich auf die gewählte Stelle und beginnt weitere Pflanzenteile aus dem Wasser zu ziehen und übereinander zu legen.
Doch der andere Partner bleibt abwartend. Und so stellt das erste Tier nach einigen Minuten sein Bauvorhaben ein und beide schwimmen wieder auf den See hinaus.
Die beiden sind nicht das einzige Haubentaucherpaar in diesem Bereich des Seeburger Sees. Auf einer Uferlinie von etwa 300 Metern, begrenzt vom langen Holzsteg beim Schwimmbad und dem kleinen Steg beim Ausflugsrestaurant „Graf Isang“, schwimmen etwa 4 Paare. Die Reviere scheinen bereits festgelegt aber regelmäßig werden deren Grenzen abgetastet. Dann schwimmt ein Haubentaucher wie zufällig in das Nachbarrevier. Die Revierinhaber reagieren schnell: Kopf und Hals werden tief nach vorn gestreckt und mit knurrenden Lauten schwimmt einer der Revierinhaber auf den Eindringling zu. Dieser macht – zumindest an diesem Morgen – schnell kehrt und damit ist die Revierstreitigkeit dann auch schon beendet.
Für den potenziellen Nistplatz am Rand der Binseninsel interessiert sich mittlerweile ein Blässhuhn. Auch hier beginnt das Tier damit, im Wasser treibende Pflanzenteile heranzutragen und aufzuschichten. Aber genau wie die Haubentaucher zuvor, stellt es diese Arbeit nach einigen Minuten wieder ein.
Haubentaucher und Blässhühner bauen schwimmende Nester und bei der Wahl des richtigen Platzes will vieles bedacht sein. Das Nest muss genügend Halt haben, damit es weder wegtreibt noch vom Wellengang beschädigt wird. Es sollte genügend Schutz bieten, also inmitten von Schilf oder Binsen liegen, aber trotzdem für die Altvögel gut errreichbar sein. Am besten also im Schilf- oder Binsengürtel nah des Seeufers, aber auch wieder nicht zu nah, denn dort laufen Spaziergänger und deren Hunde auf dem Uferweg.
In den nächsten zwei Stunden kommen sowohl die Haubentaucher als auch das Blässhuhn noch einmal zur Binseninsel zurück, es bleibt aber unklar, ob und wer sich schließlich dort zum Nestbau entscheiden und ob es vielleicht sogar noch zu einer ernsthaften Auseinandersetzung um diesen Bauplatz kommen wird. Überhaupt lassen sich beide Arten in diesem Frühjahr viel Zeit mit der Fortpflanzung. Mitte Mai sind noch nicht mal die Nester gebaut, in anderen Jahren schwammen da schon die Küken mit ihren Eltern über den See. Den Alttieren war es für die Brut bisher aber wohl einfach zu kalt.